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Tag 16 Salzburg – Triest: Abschied und Wiedersehen



Donnerstag, 15.07.21

Hoch 590 hm, runter 430, km 14, reine Gehzeit 3 Stunden.


Heute wird’s ein emotionaler Tag, das ist morgens schon klar. Miras und meine Wege werden sich heute trennen, dafür treffe ich jemand anders. Meinen Lieblingsbruder! Der arbeitet diesen Sommer 4 Monate auf einer Alm, der Tröpolacher Alm nähe Hermagor. Da wo wir heute abend planmäßiges Etappenendziel hätten. Wir hatten beide unabhängig voneinander Januar / Februar unseren Sommer geplant und als er mich eines Sonntag abends überglücklich anrief, „Ich hab einen Platz auf einer Alm und die ist so toll!“ haben wir festgestellt, ich laufe fast direkt bei ihm vorbei. Verrückt ist das. Aber so war das ja schon letztes Jahr, als ich durchs Inntal abstieg und 2 Tage bei ihm in Innsbruck blieb. Mein Bruder liegt irgendwie auf JEDER Alpenüberquerung auf meinem Weg. Das ist gut, das bringt Glück. So ein bisschen familiäre Bande in der Ferne.


Wir haben uns so auf unsere heutige letzte Etappe gefreut, kommen gegen halb 9 Uhr los, Wetter ist wieder gut. Heute geht es über die Gailtailer Alpen! Bis Hermagor laufen wir nicht, es ist eine elends lange Etappe, und mein Bruder kann mittags am besten weg, da würde er sonst MIttagsschlaf machen. Auf den er jetzt verzichtet…Mittags wären wir in Weissbriach,  „Kannst du uns da abholen?“ hab ich ihn am Vortag gefragt. „Wer ist denn „UNS“ schon wieder?“ kam mit Augenrollen in der Stimme zurück. Haha, er kennt mich. Die Mira, die nehmen wir bis Hermagor mit. „Von mir aus, da fahren wir ja direkt durch.“


Er hätte uns auch in Greifenburg holen können, aber ein neuer Alpenkamm, da müssen wir natürlich drüber! Im Tal kann man ein bisschen Busfahren aber Alpenkämme! Die müssen sein. Wir sind bitter enttäuscht von dieser Mist-Etappe. Der Anfang ist noch lieblich und sonnig.




Dann wird es unerwartet steil, man sieht gar nix, stapft in irgendwelchen matschigen Baufahrzeug-Spuren durch uninspirierende Landschschaft. Man merkt gar nicht, dass man irgendwo „drüber“ geht. Wir finden es beide doof. Vielleicht auch ein bisschen weil es unser letzter Wandertag gemeinsam ist, aber eigentlich wollten wir es gerade deshalb genießen. Regnen tut es irgendwann ganz unangekündigt auch noch. Maaaaannn. Wieder Regensachen raus. Was für eine blöde Etappe.




Irgendwo ruft Mira von rechts aus dem Wald ich bin falsch, der Rother ginge hier. Ich habs gesehen auf der App, bleibe jetzt aber auf der Forststrasse. Die Wege laufen nach einer halben Stunde eh wieder zusammen. Ich jogge die Strecke runter, hab eh die leichten Schuhe an (nein ich mache mir die Knie nicht kaputt!!) komme zeitgleich mit MIra an,  als diese grad aus dem Wald biegt.


Statt den 4:15 Rother-Stunden sind wir nach 3 Stunden schon da, halb 12 rum. Man Bruder wollte gegen halb 2 kommen. Perfekt. Wir landen gleich am Ortseingang im Gasthaus Löffele. „Jetzt erstmal einen Prosecco. Dann was Essen!“ sind wir uns einig.




Genau jetzt kommt die Sonne wieder raus!! Wir legen unsere nassen Jacken und Schutzhüllen zum trocknen aus, Sonnenbrille auf! Dann trinken wir noch einen Weißwein-Spritzer. Ja und danach stellen wir fest, wir tragen ja Aperol-Spritz-Tarnkleidung!!! Wenn wir jetzt noch einen Aperol Spritz trinken, fällt das gar niemandem auf. Oder sehr ihr hier was?? Ich ja nicht…




Gesagt, getan. Zu unserer Ehrenrettung muss ich sagen, wir haben echt wenig getrunken die letzten Tage, wir sind ja Extrem-Bergsteigerinnen! Meist sogar gar nix, aber heute ist eben Abschied. Und die gestrige Halbzeit haben wir auch noch gar nicht richtig gewürdigt. HALBZEIT! Verrückt…


„Du weißt schon, WIE gut es uns geht, oder?“ fragt Mira. „Es geht uns so gut, vergiss das nicht!“ Nein. Tue ich nicht. Wieviel Rendite so ein bisschen Mut abwirft. Ein früherer Geschäftspartner, inzwischen eher Freund, hat mir geschrieben, ich hätte diese Woche auf ihrer Investmentkonferenz gefehlt. Und ob ich eine Ahnung hätte, wieviele Leute mich beneiden. „Hab ne Investmentkonferenz verpasst“ sage ich zu Mira. „Das war früher das allerschlimmste, wenn ich mal nicht gehen konnte oder durfte.“ „Und? Schlimm?“ fragt sie. Wir überlegen kurz, was wir stattdessen gemacht haben…und lachen. Nein, nicht schlimm.


Plötzlich steht mein Bruder vor uns. Ach das ist jetzt aber auch schön!!! Ich freue mich total. Er verfrachtet uns in sein Auto. Was Mira in Hermagor mit dem freien Nachmittag anstellt? Sie hat schon wieder keine Unterkunft. „Einen DM suchen!“ sagt sie. „Ich vermisse einen DM so sehr!“ Wir sind viel zu schnell in Hermagor, mit dem Auto geht das doch einfacher als zu Fuß. Jetzt der kritischste Moment seit dem Statzerhaus: NICHT DIE IM KOFFERRAUM LIEGENDEN RUCKSÄCKE VERWECHSELN! Wir kriegen es irgendwie hin. Es fühlt sich in dem Moment gar nicht nach Abschied an, wir sehen uns eh wieder, vermutlich bald! Alles ist gut. Katharina II und ihr Bruder schicken kurz drauf eine SMS, sie sind ab Weissbriach auch mit dem Bus gefahren, fanden die Etappe auch total nervig vor allem mit dem vielen Regen. Sie hatten in Hermagor noch einen Termin zum PCR Test, für die Einreise nach Italien.


Als wir um die Ecke biegen – ein DM. Ich schicke ihr noch eine schnelle SMS mit dieser wichtigsten aller Informationen, dann geht es denn Berg hoch, zur Tröpolacher Alm. Die bezaubernd liegt. Ein See, ein Berg, viel Platz, Ziegen, Kühe. So nette Menschen! Ein Zimmer mit Balkon. Ich bin hin und weg. Mein Päckchen, dass ich vor ein paar Wochen hergeschickt habe, ist auch da mit Nachfüllpflastern, Mini-Duschgels, Salben, Schmerztabletten, Ersatz-T-Shirts (mir sind letztes Jahr 2 kaputt gegangen), einem Ersatz-Bikini (falls ich ihn irgendwo  verloren hätte, DAS wäre das schlimmste…) einer Sporthose, ein weiteres Fläschchen Anti-Blasen-Fluids. Ich brauche fast nichts davon, außer einer neuen Mini-Zahnpasta, dem Antiblasenfluid und Duschgel lasse ich alles da. Die kleinen Aronal&Elmex die es in Reisegröße beim DM gibt, reichen immer genau eine Woche. Mein Zahnarzt darf halt nie erfahren, dass ich jetzt jeweils eine Woche NUR mit Aronal gebürstet hab. Und jetzt kommt wieder eine Elmex-Woche.







Die Ersatzklamotten sind dahingehend praktisch, weil ich die jetzt anziehen und endlich einmal den GANZEN Rucksack waschen kann. Heute Abend ist der 60.ste Geburtstag vom Papa vom Chef hier, ich darf gerne mitkommen. Ich werde sehr herzlich eingeladen, will aber dringend waschen, schreiben, was für die Uni erledigen, ein paar Telefonate führen. Christian, der Chef sagt „Hock dich in die Käserei, da ist’s am wärmsten. Hab dir den WLAN Würfel dort angeschlossen, dann hast du Netz!“ Wie nett ist das denn!



Und in der Käserei baue ich dann mein Büro auf. Die anderen kommen gegen 22 Uhr alle zurück, ab 3 klingeln die ersten Wecker. Ich gehe auch bald ins Bett.


p.s. Die Fotos der Alm sind überwiegend von der bezaubernden Rebecca! Dass sie nicht nur fotografieren sondern auch sooo gut kochen kann, werde ich aber erst ab morgen wissen 🙂


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