Freitag, 02.08.24
Grande Traversata delle Alpi GTA Süd Etappe 51 Kloster St. Anna di Vinario - Rifugio Malinvern
Hm rauf 1.150, Hm runter 1050, km 14,7
Unterwegs von 9:28 (2 Min. Früher als gestern!) - 17:45. Reine Gehzeit ca. 5:45 h
Kosten Kloster: 62 Euro für EZ / HP, 2 Euro (!) für das abendliche Viertel Rotwein
(Ich hab mal nachgefragt, im MBZ hätte es 40 Euro mit HP gekostet. Nur Schlafen 20)
„ALTER!!“ schallt es zweistimmig über den türkisblauen Bergsee! Was das übersetzt Berlinerisch - Deutsch bedeutet hab ich euch gestern ja schon erklärt… „Ich kann meine Beine nicht mehr spüren!“ japst Paula. Und liegt sehr kurz drauf wieder am Ufer neben mir. David „schwimmt“ noch eine Runde und springt dann auch heraus. „Das knallt richtig auf der Haut, das tut echt dolle weh!!“ Sie waren dreimal drin - einmal im Nebensee, der wohl 1 Grad wärmer war.
(Schwimmender David)
Aber es war herrlich! Von mir gibt es diesmal keine Bilder, ich war auch „kurz“ drin, aber zu kurz, so schnell löst keine Kamera aus. Es war eine Trickbetrüger-Kälte, beim Reingehen hat es sich gar nicht so schlimm angefühlt, ich war als erste drin (Der Bikini-morgens-schon-gleich-anzieh-Trick) und hab noch verkündet „ein bisschen kälter als gestern, vielleicht 1,2 Grad, aber geht schon!“ Und als man dann bis zur Hüfte drin war, da hat sie einen plötzlich mit Greifarmen gepackt - eine türkisfarbene Eiseskälte, die überall durch die Hautporen gekrochen ist und alle Organe schockgefrostet hat. „10 Grad kälter als gestern!“ korrigiere ich mich. Einmal kurz untergetaucht, zwei Schwimmzüge, damit es als Schwimmen gilt und dann schreiend rausgerannt!
Unfassbar kalt, ich tippe auf 6-7 Grad. 9 Grad hatte damals der See auf Salzburg-Triest vorm Hugo-Gerber Haus, wo ich mit Mira reingesprungen bin. Wir sind uns alle einig, das war der kälteste See unserer jeweiligen Bade-Leben. Ich versteh nur nicht warum? Nirgends fließt (Schmelz-)Wasser rein, kein Zufluss, die Sonne scheint den ganzen Tag voll drauf, wie kann das SOO kalt sein? Der gestern war doch auch ok?
Wir liegen ewig in der Sonne. „Das ist voll Urlaub!“ seufzt es von rechts. Paula ergänzt: „Ich liebe dieses Vagabunden-Leben. Alles dabei, jeden Tag wo anders.“ „Und trotzdem wissen, abends gibts ein Bett, Dusche und lecker Essen,“ meine ich. Das ist echt die perfekte Kombi. Sich treiben lassen können, bleiben wo es einem gefällt und trotzdem wissen, man muss sich jetzt abends auch nicht irgendwo ne Höhle suchen. Und nachts feststellen, da wohnt schon ein Bär.
Wir sind auf der letzten Wanderstunde des heutigen Tages, der See ist geographisch perfekt platziert. Und er ist so wunderschön. Nachdem alle mit Schreien fertig waren ist es auch ganz ruhig und friedlich. So so so toll. Wie alles, was davor schon kam!
Die Nacht war ruhig und erholsam in unseren jeweiligen Klosterzellen, das Frühstück klösterlich karg, die Sonne scheint, kein Gewitter in Sicht. Jetzt aber erstmal dem Erscheinungsfelsen einen Besuch abstatten, an dem einem Bauernmädchen die Hl. St. Anna erschienen ist und zum Bau dieses Klosters angeregt hat.
Scheinbar hat sie dann auch gleich noch die Gründung eines Mineralwasser-Imperiums vorgeschlagen, wir trinken seit Tagen fast überall Sant Anna Wasser. Das kommt von hier.
In Bayern sind wir da ein bisschen weiter, die bayrischen Klöster haben die Kunst der Wasserveredlung ja noch einen (sinnvollen) Schritt weiter gedacht. Es gibt im Kloster ein kleines Museum über das Mineralwasser hier, aber es war alles nur auf italienisch.
Und dann machen wir uns auf inzwischen doch schon sehr sonnigen Wegen an den ersten Aufstieg.
Danach geht es auf einem Höhenrückenweg in munterem Auf - und ab, aber überwiegend flach weiter.
Als wir (mal wieder) eine kleine Pause machen, liest Paula nochmals die botanischen und landschaftlichen Highlights des Tages vor. Da fällt mir was ein „War heute nicht der Tag, wo der famose Kiosk kommt?“ „Was denn für ein Kiosk? Ne, da steht nix!“ Dooch!!! Man muss unter „Einkehr“ schauen. Die Kategorie, in der an vermutlich 50 von 65 Rother-Tagen drin steht: „Keine Einkehrmöglichkeit unterwegs.“ Aber heute eben schon!! Gleich um die nächste Ecke - eine Pass-Strasse mit einem Kiosk von dem ein Rother-Leser das großartige Essen lobt, wie der Rother sich quasi selbst zitiert. (Hoffentlich wars nicht der PannaCotta Heulsusen-Leser..)
Da gehen wir jetzt hin. Und neben dem See wird das mein zweites Highlight. Da steht ein Kiosk mitten in der Landschaft! Ähnlich dem Ding, dass sie damals bei „Verstehen Sie Spass“ für Reinhold Messner am Matterhorn aufgebaut haben.
Aber es ist kein Scherz. Drin stehen zwei (leicht überforderte aber sehr charmante) Franzosen und verkaufen zu hohen Preisen Sachen, die man Essen und trinken kann!
Wir sitzen da in chilligen Liegestühlen an einer Pass-Strasse, Motorräder und Wohnwägen donnern an uns vorbei, es ist brüllend heiß und wir essen Schinken mit Melone und Tomate mit BÜFFEL-Mozzarella von Papp-Tellern.
Die beiden anderen noch zwei riesige Veggie-Sandwiches. „Da könnt ihr euch den Rest ja noch mitnehmen, als Jause für morgen unterwegs.“ Ich bin eine sehr gute Lebensmittel-Reste-durch-die-Gegend-Trägerin. Fische, Gnocchi, war alles schon dabei. Aber es bleibt nix übrig. „Ist auch viel gesünder mittags viel zu essen.“ erklärt David. „Sollte man dann aber nicht das Abendessen klein halten?“ vergewissere ich mich. Er zuckt mit den Schultern. Ich bestelle noch einen Kaffee dazu! Ich bin im Bestell-Rausch. „Gibts auch Eis?“ frage ich. „Glacé? No.“ Glace, das kenne ich. Das sagen die in der Schweiz auch zu Eis. „No“ scheint ähnlich dem italienischen auch im Französischen „Nein“ zu bedeuten. Aber Schokoriegel gibt es! Welch Luxus!
(Ich liebe dieses Bild. Wirklich - genau so war es 😂)
Wir lachen sehr viel. Dann ruft David uns Zahlen: „2.275, merkt euch das mal kurz!“ Er tippt auf seinem Handy rum. Ich weiß genau was er vorhat, Ich mache das nämlich immer ganz genauso. Jetzt schnell rechnen, wo der tiefste Punkt ist, wo der höchste und wieviele Höhenmeter es folglich noch rauf sind. Und das muss man GENAU wissen, ca. 300 reicht da nicht. Den Mann nervt das immer total. Er findet, man geht das halt einfach, sieht man doch, wenn man oben ist. Ich kann auf den letzten 250 hm gerne alle 10 Meter gucken und mich freuen, dass es jetzt nur noch 240 sind. Oder 230. oder 220. Ich brauche das zur Motivation.
„332!“ verkündet David. Gut, dann machen wir uns nach dieser sehr langen Mittagspause mal auf, diese letzten 332 hm zu besiegen.
Ein bisschen geht es erst an der Pass-Straße entlang runter, dann folgt ein trotz der Hitze echt ganz gut gehbarer Geröllfeld-Aufstieg.
Ein paar Serpentinen mildern die Steilheit, ein leichter Windhauch pustet uns unter die T-Shirts und kühlt angenehm.
Paula nähert sich von hinten und meint: „Du machst das so gut, dass du so langsam bergauf gehst, das ist ja auch viel gesünder. Immer genau sein eigenes Tempo gehen, sich nicht aus der Ruhe bringen lassen!“ Dann überholt sie mich.
Sie gibt mir damit trotzdem das Gefühl, ich hätte aus einer Vielzahl möglicher alpiner Bergaufsteige-Techniken jetzt für diesen letzten Anstieg gezielt diese hier ausgewählt. Wie ein Golfspieler, der vorm Abschlag den entsprechenden Schläger wählt.
Ich fühle mich dadurch sehr selbstbestimmt. Und nicht einfach nur konditionell schwach ☺️
Menschen wie Paula sind toll. Die bestärken, wo immer sie können.
Oben angekommen ist es wieder spektakulär anders schön.
Und daaaa hinten könnt ihr auch schon unseren baldigen Badesee erspähen!
(Am Grat flanierende Paula)
Zum See muss man ungefähr 50 Hm runter absteigen, folglich danach auch wieder rauf. Wir diskutieren das kurz, („echt jetzt, und dann hinterher alles wieder rauf?“) aber ihr wisst ja schon, wie das ausging.
Und dann dauert es noch eine gute Stunde bis zur Hütte, nur noch bergab. Paula wird beim Ankommen sagen „Die wollen nicht, dass man ihre Hütte findet, oder?“ Es ist schlecht / gar nicht markiert und der Weg verliert sich einige Male. In der letzten Stunde nervt das dann manchmal. Mich macht irgendwann nervös, dass man die Hütte wirklich GAR nirgends durchblitzen sieht, sie taucht (ähnlich dem Karwendelhaus auf München - Venedig) erst auf, wenn man direkt davor steht, versteckt im Wald. Aber das weiß man bis dahin ja nicht und es ist ja jetzt doch schon ….spät…
Wir passieren noch eine Kuhherde, und wenn man nicht so okkupiert wäre vom Wege suchen, dann würde einem auffallen, wie wildromantisch die Landschaft nochmal wird.
(Ist das krass-schön??)
Aber gegen Dreiviertel 6 taucht es dann doch hinter plötzlich hinter einem Baum auf: Das Rifugio Malinvern.
Das Team ist super jung und irre nett. Wir bekommen ein DZ und ein EZ, es ist wenig los. Essen gibt es um 7, als David nach einer vegetarischen Alternative fragt, sagen sie, sie kochen sowieso nur vegetarisch. Plastikflaschen gibt es hier auch keine.
Das ist der Blick vom Liegestuhl aus:
Der Malinvern, Namensgeber dieser Hütte.
Draußen surrt ein Österreicher mit seiner ollen Drohne herum. Ich bin da immer ein bisschen zwiegespalten. Es nervt mich, wenn ich in der Annahme allein am Grat zu liegen mein T-Shirt ausziehe und mich zum Sonnen und das T-Shirt zum trocknen auf einem Felsen platziere und dann so ne olle Drohne genau über mir rumsurrt. Spanner-Drohnen, was soll das? Und dann gibts Bilder vom mir im BH, oder schlimmer, wie ich schnaufend in völlig desolatem Zustand am Grat ankomme. Oder, noch schlimmer, wie ich vielleicht gerade eine Lachanfall habe, (das passiert häufig wenn man mit dem Mann oder mit P&D unterwegs ist). Und zack - kann man schon nicht mehr Präsidentin der Vereinigten Staaten werden, wie ich trotz stark reduziertem Medienkonsum aktuell mitbekomme. Wahrscheinlich nicht mal mehr Bundeskanzlerin.
Andererseits gucke ich so Filme die cool gemacht sind natürlich schon auch sehr gerne. München - Venedig ist jemand ein Jahr nach mir gegangen mit eine Drohne, das ist auf YouTube und ist schon mega genial toll. Oder bei bergauf-bergab gibts ja manchmal auch soo imposante Bilder. Die müssen ja irgendwie produziert werden. Wahrscheinlich nervt mich nur der Typ ein bisschen, der ist so Typ „Gschaftlhuber.“
Egal, es wurde dann eh kalt draußen UND es gab Essen.
Erst Käsenudeln, dann vegetarische Quiche mit Kraut-Tomatensalat und zum Abschluss Schokokuchen mit Schlagsahne. Alles sehr fein! Mit uns am Tisch sitzt eine Via Alpina - Geherin aus Kärnten. Das ist der von Triest nach Monacco, den auch das Schweizer Pärchen gegangen ist, denen ich letztes Jahr Zimmer-Asyl gewähren durfte. 3 Monate insgesamt, sie geht 10 Tage. Auch sie schwärmt von den Etappen des karnischen Höhenwegs. Sie hat dunkle Locken, ihre Augen leuchten, das ganze Gesicht strahlt. Wieder ein ungezwungen schöner, lockerer und lustiger Abend.
„Frühstück gibts um 7!“ ruft uns die junge Hüttenwirtin zu. „Um oder ab?“ frage ich vorsichtig nach. „AB“, lacht sie. David nickt mir dankbar zu.
Na dann -
Gute Nacht!
Alpenüberquerung Grande Traversata delle Alpi GTA Süd Kloster St. Anna di Vinario Rifugio Malinvern Etappe 51
So, aufgeholt mit Lesen 😇 Einfach ein schönes Schmankerl am Abend, wenn man selbst nicht auf der GTA wandernd unterwegs ist, aber durch deine unterhaltsamen und informativen Berichte im Geiste dabei 👍
Danke
Bettina
Guten Abend Katharina 👣
Ich muss sooo lachen über die Ziffer, die Buchstaben und das Satzzeichen zwischen zwei Klammern 😂 nach dem gestrigen nur Satzzeichen zwischen zwei Klammern 😂😂 . Saulustig.
Vermeintlich so wenig, aber es sprichst Bände.
Zweimal oben auf der 4. Zeile!
Liebe Grüsse Ursi
🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶
Bissdu narrisch! 7-9 Grad Wassertemperatur? Ok, zum trinken fast zu warm, aber drin baden.
🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶🥶
Und dann sind deine 2 Balienaa jenauso varückt!! 🎵🎵🎶du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin, wo die Verrückten sind, da jehörste hin🎵🎶🎵
Ich freue mich auf die nächste Etappe!
Frau G aus N