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Tag 4 Salzburg – Triest: Königssee bei Kaiserwetter



Samstag, 03.07.21 Berchtesgaden – Carl von Stahl Haus Hm 1200 hm, km 10,5 km, Gehzeit ca 4h, draußen von 9 – 17:30 Uhr Unterkunft Stahlhaus

So im direkten Vergleich komme ich  zu de Erkenntnis: Schönes Wetter ist schon auch irgendwie…schön…


Heute ist ein echter Traumtag! Beim Vorhang zurückziehen: Blaublauer Himmerl! Die Sonne strahlt! Die Berge winken. Ich bin ausgeschlafen, es lag jemand neben mir, den ich schon vorher kannte und  eine heiße Dusche wartet, die ganz ohne Münzeinwurf funktioniert. Ich dusche für die nächsten 3 Tage vor. Der Rotwein gestern war wohl ein guter – keinerlei Nachwirkungen.


Dann ein entspanntes Frühstück mit der Family. Die wichtigste Regel bei „Tal-Frühstücken“ lautet: Nichts essen, was man die nächsten Wochen eh täglich bekommt. Marmelade, Käse-und Schinken sind tabu, auch wenn das hier schon in riesiger Auswahl sehr fein aussieht. Obst wird man so vermissen. Bei mir gibt es Antipasti, frische Brezn, Kirschen, Obazda, Waffeln! WAFFELN!! Der Waffelbäcker fragt, ob ich noch Puderzucker drauf will? PUDERZUCKER?? Der hat Nerven. Ich bin Extrem-Bergsteigerin, ich muss schon ein bisschen auf meine Ernährung achten!!„Nein, danke, ich hol mir Obstsalat dazu,“ sage ich  und zeige in die Ecke des Buffets, wo Obst jeglicher Art aufgetürmt liegt.

Als ich gerade zum geplanten Obst  abbiegen will, stellt sich mir dieses Hindernis in den Weg…



Ich denke spontan an die kleine Juniorchefin von der Tissi-Hütte, die mit dem Suppenlöffel und dem Nutellaeimer. Und ich denke an die Geigerin, die sich in ihrer Kindheit auch von eimerweise Nutella ernährt hat. Alles drahtige sportliche Mädels. Und ich will auch drahtig-sportlich sein. Die gute Fee vom Zeppezauerhaus hatte schon recht, man sollte nichts planen…Man muss offen bleiben für spontane Änderungen. Ich ändere spontan.


Es ist ein so entspannter Tagesstart, das Wetter wird halten und das BESTE: Die nächsten 4 Tage werde ich mich nicht verlaufen, der Mann ist bis Maria Alm am Dienstag an meiner Seite, der plant immer sehr genau. Er ist das zwar auch alles noch nie gegangen obwohl das hier seine Heimat ist, weiß aber trotzdem wo es lang geht. Das ist toll! Ich freue mich, die nächsten Tage gemeinsam zu laufen.

Als wir uns gegen halb 11 Uhr losmachen wollen, stellt er fest: Es läuft Wasser aus seinem Rucksack. Hektisch wird alles wieder ausgeräumt, die „Quelle“ gesucht. Ich habe vor ein paar Tagen schon mal ein Plädoyer gegen Trickschläuche geschrieben, ich wiederhole mich gerne. Es ist dann nicht so viel passiert und das meiste blieb trocken. Im Hotelzimmer eines Luxushotels mit Fön im Bad ist das nicht so schlimm aber abends auf einer kalten Hütte kann das schon sehr ätzend sein. Mir kommt so ein Ding jedenfalls nicht mehr in den Rucksack.


Der Familienshuttle fährt uns dann zum Königssee hinter,  und somit ist die erste Wanderstunde des Tages schon gespart😉 Vor uns liegen 1200 Hm, zwar steil aber auf supereinfachen Wegen, kein Vergleich mit den vorherigen Tagen. Ich bin heute erstmals auf die leichten Schuhen umgestiegen und es ist perfekt. Meinen Füßen geht es so gut, ich hatte die ganzen Nachschub-Pflaster, Salben, Schmerztabletten und Voltaren, die der Mann nachgeliefert hatte nicht gebraucht, der Familien-Logistik-Transport-Service wird sie wieder zurück nach München fahren, zusammen mit ein paar Klamotten. Ich habe unter 9 kg Gepäck (ohne Wasser) und bin damit sehr zufrieden. Letztes Jahr bin ich mit 13 kg gestartet, hab dann aber auch sehr schnell abwerfen müssen. Unter 10 geht gut zu tragen, das packen meine Schultern. Bislang tut mir überhaupt nichts weh.


Am Königssee angekommen sieht man zurück auf den Untersberg, da war ich gestern?? Man sieht deutlich die Einkerbung,  die Mittagsscharte, DA hab ich mich verlaufen? Von hier sieht es eigentlich ganz einfach aus, auf der einen Seite runter, auf der anderen wieder hoch. Wir. passieren diverse Souvenierstände, Murmeltiersalben, Softeis und Postkarten warten auf Käufer. Es ist voll wie man es an einem sonnigen Samstag erwarten würde, aber kaum biegt man Richtung Malerwinkel wird es deutlich ruhiger und die Ausblicke nicht weniger schön. Man blickt direkt vorm Königssee diesmal fast ohne Leute.


Es geht bald steil nach oben aber heute ist alles leicht, die Ausblicke werden immer schöner. Blühende Almwiesen, Sonne, immer wieder mal blitzt der Königssee durch, es ist ein Bilderbuch-Postkarten-Idyll.





Habe ich vorgestern mit 500 hm so gekämpft, gehen heute 1200 so leicht, die Beine sind langsam im Rythmus angekommen. Nichtsdestotrotz lassen wir keine Alm aus, die sich uns in den Weg stellt, auf der Königsbachalm kehren wir lange ein, und später auf einer kleinen privaten nochmal. Ich liebe dieses Gefühl von „alle-Zeit-der-Welt-haben“


Als wir oben am traumhaft gelegenen Stahlhaus ankommen, ist noch genug Sonne zum draußen sitzen, der Blick ist in alle Richtungen schön. Ein Schritt und wir sind wieder in Österreich. Vor uns ragt der Schneibstein auf, den es morgen zu bezwingen gilt. Das Haus ist im Gegensatz zu den vorherigen Hütten knallvoll, wir kommen in ein 5-er Lager das auch voll werden wird. Der Mann ist Hahn im Korb.  In unserem Zimmer erzählt eine gerade, sie ist letztes Jahr München – Venedig gelaufen, in 23 Tagen! Ich überlege kurz mich schlecht zu fühlen, mit meinen 39 Tagen. Dann verleihe ich ihr aber lieber die silberne Alpenbloggerin-Wandernadel. Ich kenne nur einen der schneller lief, das war der Kaminkehrer mit dem ich vorm Orthopäden zusammengestoßen bin, der hatte es in 22 Tagen geschafft.  Siehe hier


Auf der Terrasse laufe ich dem Therapeuten über den Weg, der hatte seinen geplanten Pausentag im Tal hier aufs Stahlhaus verlegt und ist schon seit gestern hier, sein Hostel in Berchtesgaden war wohl nicht so toll. Und was hat er an seinem Pausen- Tag gemacht?? Bergtouren! Er zeigt begeistert auf die umliegenden Gipfel. Das würde mir ja wirklich NIE einfallen.


Beim Abendessen liegt ein weiterer Rother Salzburg – Triest Führer auf einem der Nebentische. Nr. 3 stellt sich vor, winkt uns mit seinem roten Buch zu. Wir winken mit unserem zurück. Er heißt David und baut grad ein Agriturismo in Italien auf. In den Marken. Da wollte der Mann schon immer mal hin. Ich fahr ja lieber in die Toscana, aber der Mann findet, wir sind noch zu jung um da JEDEN Herbst hinzufahren und Steinpilze zu essen. David erzählt eine schwarzhaarige Frau käme später auch noch, die läuft ganz alleine auch Salzburg – Triest. Ich weiß aus der Threema Gruppe zu berichten, ein Typ müsste auch noch hier sein, mit dem hab ich schon getextet, er heißt Martin. Sehr viel später steht eine dunkelblonde Frau vor uns. David zeigt auf sie „Das ist sie!“ (Männer und Haarfarben!) Ich sag „Ich bin Katharina“ sie sagt „Ich weiß, wir kennen uns doch schon, haben doch getextet. Ich bin Martina.“ Davids schwarzhaarige Frau und „mein“ Martin stehen in Personalunion vor uns.


Wir sitzen abends zu 5 zusammen, soviele hatte ich letztes Jahr auf München – Venedig nach 2 Wochen noch nicht getroffen! Das „was machst du beruflich“-Thema kommt bald auf den Tisch. Der Therapeut sagt „ich bin Psychotherapeut“. Am Nebentisch verstummen die Gespräche. „Bist du Physiotherapeut?“ fragt von dort jemand interessiert. Haha. Es wäre das LETZTE was ich auf einer vollen Berghütte zugeben würde, wenn ich Physiotherapeut wäre…. Nein“, sagt er, „PSYCHO-Therapeut.“ Das Interesse an seiner Person erlischt schlagartig.


Der Abend ist irgendwie so schnell rum, ich bin gar nicht zum Schreiben gekommen, es war voll, laut, sehr viele Menschen, ein starker Kontrast zu den ersten Tagen. Das Team ist trotz des Stresses supernett. In der Nacht werde ich zum ersten Mal ein Utensil suchen, dass ich im letzten Jahr in über 30 Hüttenübernachtungen noch nicht einmal gebraucht habe: Ohropax. Aber es ist warm!






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