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Traumpfad München – Venedig Tag 11. Allein in einer Hütte im Wald



Von Innsbruck per Shuttle zurück nach Hall / Tulfes von da bis Voldertalhütte, 550 hm, 7,5 km, 2 Std.


Einen ganzen und zwei halbe Tage frei, schon wollen die Beine weiter. Der heutige „Aufstieg“ zur Voldertalhütte ist quasi das letzte Drittel des vorgestrigen Wandertages, ich hatte ja im Inntal einen Regen-Wellness-Family-Pausen-Tag verbracht. Heute also genau richtig zum sich wieder Einlaufen, man sollte in 2-3 Stunden dort sein.

Ich könnte somit auch erst am Nachmittag los, wenn das Wetter angekündigt besser wird, trotzdem werde ich ab 10 Uhr langsam kribbelig, ich will weiter. Die Kohlehydrat-Speicher wurden mit Bauernbrot und Kaspressknödel aufgefüllt, das ist wichtig vor den anstehenden „Wettkampftagen“! (Sie sucht sich aus den Sportler-Foren auch immer genau das raus, was ihr in den Kram passt…)


Der Rucksack neu gepackt und alles einmal durchgewaschen, ein paar Dinge sind jetzt final draußen, letzte Dinge dürfen neu rein z.B. 100 g Käse-Salami vom Tuxer Bauern, dazu 2 Scheiben Walnussbrot, eine Packung Mannerschnitten, 3 Aprikosen, 1 Apfel. Für die Salami muss das Outdoorkissen jetzt final raus, das wiegt genau diese 100 Salami-Gramm.  Ein guter Tausch wie ich finde 🙂 Der Notfall-Biwaksack meiner Schwägerin ist nun doch wieder drin. Sicher ist sicher. Das ich mich verlaufen kann habe ich hinlänglich bewiesen. In der Jachenau ist das nur lästig, aber man kommt dann doch immer irgendwo an. Aber wenn ich mich auf einer langen Etappe doch mal komplett verfranze und es nicht mehr zu einer Hütte schaffe? Dann kann man schlimmstenfalls auch mal eine Nacht draußen verbringen und stirbt voraussichtlich nicht an Kälte. Sondern weil man nicht genug Wasser dabei hatte und die Notfall-Mannerschnitten schon ganz ohne Notfall vorher aufgegessen hat ..;-)


Mein 14 kg Rucksack mit dem ich vor 10 Tagen in München gestartet bin hat jetzt 11 kg. (Ja ohne Wasser…) Das ist noch nicht das Optimum aber ich bin ganz zufrieden, v.a. da fast ein Kilo Corona geschuldet ist und der Rucksack selbst 1,5 kg wiegt.  Es könnten wohl auch noch die Brotzeitdose, die Wimperntusche und die FlipFlops raus. Ein T-Shirt, ein bisschen Unterwäsche und ein paar Socken könnte man auch noch entbehren. Aber dieses Pfund Puffer hebe ich mir noch auf. Ein vormittäglicher Nervenzusammenbruch droht als mein Bruder befand,  IPad und Handy müssten jeweils zusätzlich in eine Zipper-Tüte rein um vor Starkregen geschützt zu sein. Ich kann gar nicht hinsehen, als er mein eh schon schweres IPad in eine zusätzliche (und in meinen Augen völlig überflüssige!) Tüte packt. Was DAS wieder wiegt 🙂


Noch schwieriger ist die Sache mit dem Hüttenschlafsack, den ich als „Bettlaken“ neben dem normalen Schlafsack dabei hab, eigentlich eine Corona-Vorschrift. Bislang hätte man aber überall ein Laken für 2- 3 Euro mieten können, oder es war eben doch eh bezogen. Oder es hat gar keinen interessiert. Also eigentlich überflüssig. Bis man doch zu dem EINEN Wirt kommt, der drauf besteht, weil es klar vom Alpenverein als Vorschrift ausgegeben wurde. Hier jetzt auf der Voldertalhütte ist aber z.B. wieder alles da, Bettlaken, Decken, alles frisch gewaschen, wie die Wirtin sagt. Sogar Kissen gibts! (Stand heute hat sich der Salami-Kissen-Tausch also schon mal gelohnt..)


Na gucken wir mal, die beste Taktik ist eh Vorräte aufessen. Damit fange ich morgen wieder an. Es stehen mir jetzt zwei „Originaletappen“ ins Haus, ohne Möglichkeit zu verkürzen und ohne Versorgungsstationen unterwegs. Morgen zur Lizumer Hütte, mit 1350 Höhenmetern und dabei noch 18 km schon ein ganz ordentliches Stück. Übermorgen dann zum Tuxerjochhaus, 1200 hm hoch und 1000 runter und ich muss noch eine halbe Stunde weiter, da ich von der Sommerbergalm mit der Gondel ins Tal fahren will. Eine Gondel die ich bis 16:30 Uhr erwischen muss. Rother Zeit sagt 7 Std., ich kalkuliere mal mit 9. Ich vermute das bedeutet, da darf ich dann auch mal um 7 Uhr los und muss aufs Frühstück verzichten. Das Adrenalin-Level steigt langsam wieder ein biserl.

Heute aber nochmal ein gemütlicher Tagesstart mit Erdbeeren zum Frühstück. Die waren aus Südtirol und so gut, dass ich jetzt gleich noch mehr Lust habe da hin zu laufen. Und zwar schnell, solange noch Erdbeer-Saison ist. Um halb 12 Uhr fahren wir langsam los, von Innsbruck zurück zur Etappe, von der ich mich vorgestern mittels Harry-Shuttle hab wegfahren lassen. Im Radio macht einer einen Telefonscherz und ruft bei einer Bank an, wegen dieser Einlagensicherung, seine Einlagen verrutschen immer, ob er seine Einlagen dort sichern lassen könne. Er habe Schuhgröße 45. Ich finde es mäßig witzig. Aber dabei fällt mir auf: Meine Füße sind komplett verheilt, sehen aus wie neu! Auch ihnen hat die Pause gut getan. Es gab heute morgen nicht eine einzige Stelle die versorgt werden musste.

Auf dem Weg dorthin, der in Tulfes bei der Glungezerbahn los geht begleitet uns ein kurzes Stück am Waldrand ein kleiner Fuchs!

Um 12 Uhr starten wir, mein Bruder geht noch ein ganzes Stück mit. Es regnet, seufz. Und während wir da im ersten Teil „nur“ an einer Strasse hoch gehen, nervt es mich doch ein bisschen, das kann jetzt auch mal wieder aufhören. Regen, wollten wir nicht Freunde sein? Vermutlich ist er irritiert, dass ich heute schon so „früh“ los gehe, er hatte das bestimmt anders für mich geplant…

Nach kurzer Zeit erreichen wir den kleinen Weiler Windegg mit einer sehr schönen kleinen Holzkirche. Verschlossen. Der Himmel wird an ersten Flecken blau, der Regen hört auf. Wir blicken zurück ins Inntal das von den Wolken inzwischen frei gegeben wurde. Leider hängen sie noch an der gegenüberliegenden Seite etwas fest, sonst könnte man genau sehen, von wo ich vorgestern herunter gekommen bin. Ich finde es trotzdem ein erhebendes Gefühl! Ich laufe durch Täler und über Berge und wieder durch Täler und wieder über Berge. Langsam verstehe ich visuell, WARUM das alles SO anstrengend ist 😉


Der Weg biegt endlich von der Strasse auf einen Waldpfad ab, das Inntal verschwindet hinter uns, bald bin ich, wenn alles gut geht, im Zillertal. Wir blicken linkerhand in ein kleines grünes Tal, mit ein paar versprengten einzelnen Höfen, die sich darüber am Hang verteilen. Dann geht es durch einen Nadelwald und bald ist die Stiftsalm erreicht, an deren Seite eine kleine Kapelle steht. Der Weg ist perfekt ausgeschildert, ein alter Mann ruft uns trotzdem nochmal aus dem Fenster heraus zu, wie wir gehen müssen (mein Ruf eilt mir voraus…?)


Mein Bruder kehrt kurz danach um, wir verabschieden uns und ich nehme die letzte halbe Stunde zur Voldertalhütte allein in Angriff. Um 14:00 Uhr erreiche ich die Fahne der Hütte. HA! Eine halbe Stunde unter der ausgeschriebenen Zeit, sogar unter „Rother-Zeit“. (Jetzt nicht übermütig werden) Aber wo ist die Hütte? Eine Tafel verrät, hier stand die „alte“ Voldertalhütte, die vor ein paar Jahren abgebrannt ist. Nach 3 Minuten erscheint die „neue“. Na gut 14:03 Uhr Ankunft.


Ich trete in die Gaststube wo 3 Gäste und die Wirtsleute sitzen. Die Wirtin erzählt gerade von so einem lustigen Scherz den sie heute im Radio gehört hat, da hat wer bei einer Bank angerufen und gesagt er hat Schuhgröße 45 und will seine Einlagen sichern lassen, die verrutschen immer. So wie sie es erzählt (sie muss zwischendrin immer selbst lachen) klingt es doch ganz lustig. Die Wirtin blickt auf meinen Rucksack und ruft „Na wenn das nicht unser Übernachtungsgast ist!“ Es ist so wie es sich anhört – ich bin die Einzige…Gestern war hier eine Radgruppe und am Dienstag auch, da waren sie voll, aber Einzel-Wanderer gibt es ja wegen diesem Corona kaum mehr. Dafür habe sich das Tagesgeschäft verdreifacht. Vermutlich das bessere Geschäft für Wirtsleute. Sie zeigt mir alles, es gibt Duschen IM Haus, man braucht keine Duschmarke, das ist im Lagerplatz von 16 Euro inklusive. „Warmes Wasser haben wir hier genug.“ Mein zweites Lager unterm Dach ganz für mich allein….Lager? Ach was das ganze Haus hier mitten im Wald für mich allein!!


Es ist kurz nach 2 und ich habe den ganzen Nachmittag Zeit zum Lesen und Schreiben und um meine morgige Etappe mental zu planen. Die Wirtin meint ich sei in 6 Stunden LOCKER an der Lizumer Hütte, Rother sagt 5:30 Std. Aber eben 1350 hm, da werde ich irgendwann langsam. Ich kalkuliere mal mit 8 Std. und werde versuchen, dass ich um 7Uhr los komme morgen. Oder um 8. Später esse ich eine Rindsbrühe mit einem Kaspressknödel und dann einen Topfenstrudel. Plötzlich sehe ich wie der Wirt sein Handy schnappt und raus geht – ich springe auf, nehme meins und folge ihm unauffällig! Im Haus ist nirgends Netz, aber draußen gibt es wie immer  „die Stelle“  wo zumindest ein bisschen A1 Netz zum kurz nach Hause telefonieren angezapft werden kann. Einen langen Artikel mit Bildern posten wird heute wieder mal nichts werden….






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